Bullshit für Einsteiger
Im Sommer 2013, als die Deutschen wegen der NSA-Affäre allmählich richtig sauer auf Amerika wurden, hatte der Bullshit mal wieder einen großen Moment. Seit Wochen waren neue Details über die massenhafte Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA bekannt geworden, enthüllt durch den Whistleblower Edward Snowden. Die NSA unterhalte in der Nähe von Darmstadt eine Spezialeinheit für Kryptografie, berichtete der Spiegel an einem Montag im August, und die Bild-Zeitung fragte: »Warum eiert die Regierung in der Späh-Affäre so rum?« Da tritt am Nachmittag des 12. August ein sichtlich genervter Kanzleramtsminister vor die Kameras: Ronald Pofalla hatte gerade die Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums hinter sich gebracht. Er sagt: »Die NSA und der britische Nachrichtendienst haben erklärt, dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halten.« – Ein paar solcher Sätze sagt Pofalla, und dann tut er das, wofür sein Auftritt berühmt werden wird: Er erklärt die NSA-Affäre für beendet. »Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch. Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung«, sagt er.
Kein Satz davon war falsch. Alles keine Lügen. Aber auch nicht gerade eine clevere Darstellung der Tatsachen. Ronald Pofalla bewegte sich in der Grauzone zwischen Wahrheit und Lüge. Was er an jenem heißen Sommertag in die Mikrofone sprach, war Bullshit, zu Deutsch: Blödsinn, Bockmist, Humbug. Man könnte auch sagen, aus Pofallas Mund kam an jenem Sommertag nichts als »heiße Luft«.
Blödsinn gedeiht im Niemandsland zwischen Wahrheit, Unwahrheit und Meinung. Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung. Aber nicht auf eigene Fakten. Wo die Grenze zwischen Meinung und Fakten verschwimmt oder gezielt verwischt wird, kommt Bullshit heraus. Es gibt Bullshit in der Partnerschaft, im Smalltalk, im Gespräch mit dem …
(Dies ist ein Auszug aus »Schluss mit dem Bullshit«, Teil 1; eine etwas ausführlichere Leseprobe gibt hier es beim Piper-Verlag)